Verkomplexizionierung™

Es gibt ja Leute, die wissen schon in recht jungen Jahren exakt wie ihr Leben später auszusehen hat: Haus mit Garten, weißer Lattenzaun, 3 Kinder, Hund. Die entsprechenden Namen sind zu dem Zeitpunkt dann auch schon parat.
Leute wie ich hingegen, die sich mit der Namenssuche erst beschäftigen, wenn es so weit ist – „on Demand“, sozusagen – haben es da eigentlich gar nicht so leicht.

Denn die Fragen, die man sich dann so stellt, sind durchaus weitläufiger Natur – schließlich begleitet so ein Name einen ja ein Leben lang. Der sollte daher schon auch irgendwie passen. Aber wie will man das vorher wissen? Also dann zumindest nicht überstürzt wählen.
Er soll schön klingen und er soll zum Nachnamen passen. Aber wieviele sollen es überhaupt werden? Doppelname? Etwa gar drei- oder vierfach? Kann man mit so etwas punkten? Mein Haus, mein Auto, mein Swimmingpool — Pah, mein Kind hat 7 Vornamen!
Man soll nicht allzu leicht Witze machen können mit dem Namen … oder ist das wirklich ein relevantes Thema bei der Namenswahl? Was für mögliche Spitznamen ergeben sich, die JuniorIn dann später sicherlich auferlegt bekommt?
Achtet man darauf, was nahe Verwandte zu dem Thema zu sagen haben oder potenziert man sich die Schwierigkeit der Sache damit nur noch? Und wie weit geht man das Risiko eines innerfamiliäreren Namenszwillings ein – „Kömma nicht nehmen, der Neffe einer Tante von Onkel Herbert heißt auch so …“?

Als ob das Thema an sich nicht schon schwierig genug wäre, bietet Behind the Name die beeindruckendste Sammlung an Namen, über die ich bisher gestolpert bin. Die Tagline „the etymology and history of first names“ hält, was sie verspricht und macht die Site damit nicht nur für werdende Eltern interessant.

11 Reaktionen zu “Verkomplexizionierung™”

  1. fime

    Ich stelle Fime zur Verfügung. Kurz und geschlechtsneutral. habe damit auf dem pausenhof nur gute erfahrungen gemacht. einzig englische aussprache anhand von time ist nervig…

  2. Nils Hitze

    Meine Güte, das ist wirklich ein komplexes Thema das du hier anschneidest. Bei uns hat der Prozess eine ganze Weile gebraucht, aber wir sind bei beiden Kindern sehr zufrieden mit den Namen.

    Möglichst kurz, wegen der Spitznamen, und schreien muss man es können, wenn man richtig sauer ist :) Und hör bloss nicht auf Verwandte. Der Name eures Kindes ist alleine euere Sache. Und halt die des Kindes.

  3. Janocjapun

    Fime. Hm … danke fürs Angebot, ich werd‘ mal drüber nachdenken – und melde mich dann bei Ihnen ;)

    Recht hast, Nils; geht eigentlich nur uns Drei was an.
    Ich hab auch noch den Tipp bekommen, den gewählten Namen bis zuletzt geheim zu halten – damit einem lästige Bekannte/Verwandte diesen nicht im Vorfeld verleiden. Und ich glaub zumindest ein Doppelname muss her – damit das Kind weiß, dass es nun richtig Ärger gibt, wenn es mit *vollem* Namen gerufen wird ;)

  4. Nils Hitze

    Ja, und das ohne war zu sagen .. Doppelnamen ohne Bindestrich .. damit das Kind später selber wählen kann :)

  5. Phil

    Ich finde Alliterationen bei Vor- und Nachnamen schön. Jana Janocjapun z.B. :-)

    Und vor allem eins nicht machen: Als Zweit- und Drittnamen die Vornamen der Grosseltern -bei Dir also die der Grossmütter- nehmen. Ich bin da selber seit über 40 Jahren mit im dritten Reich sehr beliebten Namen gestraft und zeige anderen Mitmenschen somit höchst ungern meinen Perso ;-)

  6. maiandros

    Verzeiht mir, auch bei aller Planungs- und Entscheidungsschwierigkeit, die ich wohl sehen kann, muss ich mich trotzdem gepflegt drüber lustig machen.
    Bspw. nehme ich die Namen meiner besten Freunde über die vergangenen x Jahre her. Und was stelle ich fest? Der Name war mir so etwas von schnurzegal, ich kann es kaum sagen.
    Aber wenn einem fad ist, kann man ja ruhig eine zeitlang so tun, als präge der Namen einen Menschen und nicht bestenfalls umgekehrt.
    Und solange die Eltern „zufrieden“ sind mit den Namen ihres Kindes, ist ja sicher alles gut …
    Ich selbst übrigens trage den Vornamen meines Vaters sowie Großvater. Was hat das nur aus mir gemacht! Das alleine ist schuld an allem … Eltern kann man sich halt nicht aussuchen, dabei hätte ich da ein paar viel passendere Namen parat für sie …

  7. Janocjapun

    Liebster maiandros, ich weiß nicht ob ich wirklich verstanden habe, was du mir sagen willst?

    Auch wenn es schon über 20 Jahre her ist, erinnere ich mich noch sehr gut daran wie es sich angefühlt hat, als im Deutschunterricht die Lehrerin der Reihe nach uns Schülern erklärt hat, was ihre Namen bedeuten – und mir bei meinem ein lapidares „najo, der bedeutet halt nix“ entgegnet hat.
    Ich habe nicht wirklich unter dem Namen „gelitten“ (und ich mache bei allen Heiligen meinen Eltern hier keinen Vorwurf für die Wahl), aber ich habe mir im Laufe meines Lebens doch das eine oder andere blöde Kommentar anhören müssen und ablehnende Blicke geerntet.
    Heutzutage bin ich es gewohnt, dass ich meinen Namen mindestens 3 Mal wiederholen muss und mit falscher Aussprache finde ich mich einfach ab.

    Ich will damit nach wie vor nicht sagen, dass es der Name ist, der den Menschen prägt; aber ich denke schon, dass der Name mehr ist, als bloß ein Bezeichner für eine Variable – und damit auch etwas mehr Aufmerksamkeit bei der Wahl verdient.

  8. maiandros

    Zumindest verstehe ich, glaube ich, was du meinst. Und ich hab ja mit eurem eigentlichen Problem kein Problem ;) (wenn, dann nur mit meinen …)

    Vielleicht kann ich es anders sagen:
    Ja, was du berichtest, ist ein Beispiel dafür, dass ein Mensch sehr wohl Erfahrungen machen kann, die von seinem Namen herrühren und ihn dadurch irgendwie prägen. Dies disqualizifiert aus meiner Sicht aber weniger den Namen, als das vorurteilende Gegenüber. Wie man damit umgeht, ist eine andere Frage – und das ist das Entscheidende, finde ich. Ebenso auch, wie man mit dem Namen umgeht, den man trägt.

    Ausgestiegen bin ich bei denen Überlegungen an der Stelle, wo bei der Suche von einem „passenden“ Namen gesprochen wird. Wie soll es je gelingen, einen Menschen mit einem „passenden“ oder „unpassenden“ (richtigen oder falschen) Namen zu versehen?
    Noch dazu einen Menschen, der nicht mal noch auf der Welt ist, der das gesamte Leben noch vor sich hat? Aber nicht mal das ist dabei wichtig. Ich könnte überhaupt keinen Menschen „passend“ benennen, auch wenn ich ihn viele Jahre lang kenne. Insofern wundere ich mich über dieses Ansinnen. Denn dann müsste ich dich jetzt fragen, was anstatt des tatsächlichen Namens der passendere, der „bessere“ oder überhaupt DER passendste Name für deinen Bruder, deine Freundin, für dich selbst oder für mich wäre – und du müsstest mir, vielleicht nach einigem Grübeln, auch eine Antwort geben können.

    Noch etwas anderes dazu:
    Es lautet das Telefon, eine unbekannte Stimme meldet sich: „Hallo, hier spricht der XY.“
    Und? Was weiß ich jetzt Wesentliches über das Gegenüber???
    Insofern kann ich dir also nicht zustimmen. Ich betrachte einen Namen zuerst sehr wohl als eine Bezeichnung für eine Unbekannte.
    Der muss schon überaus dämlich sein, dass ich ein Urteil parat habe. Ob Alliteration oder nicht, ist mir aber herzlich egal. Kann aber trotzdem sein.

    Spannend also schlussendlich vielleicht die Frage, nach welchen Kriterien sucht man denn nun den Namen aus? Irgendwie muss man ja eine Entscheidung finden. Versuchen, es allen recht zu machen, ist aber wohl kaum erfolgsversprechend.

    Ich hoffe, das war jetzt ein bisserl verständlicher …

    lg!

  9. Janocjapun

    Oha, da also schon ausgestiegen ;)
    Dabei hab ich das doch eh sofort wieder relativiert, denn – insofern stimmen wir ja überein – wie will man das jemals vorher wissen?

    Trotzdem glaube ich, dass es so etwas wie einen „passenden“ Namen geben kann. Die Herausforderung nehme ich an und versuche es einmal mit folgender Antwort:

    Zum einen, und das ist vielleicht das naheliegendste, werden Namen aufgeladen, mit Erfahrungen die man mit ihren Trägern gemacht hat.
    Und wenn man erstmals einer Person XY gegenübersteht und deren Name hört, werden Unterbewusst sämtliche Parameter geladen, die zu diesem Namen gehören und das wird auf das neue Gegenüber projiziert und damit bereits ein gewisses Vorurteil gebildet.
    Das passiert, das kann man nicht verhindern, das einzige was man dagegen tun kann ist sich dessen bewusst sein um den Menschen nicht falsch zu verurteilen. Es kann aber genauso auch passieren, dass einem ein Mensch einfach nur aufgrund des Namens auf Anhieb einmal sympathisch ist.
    Das alles ist natürlich schwer subjektiv und für jeden anders – und die Vorstellung da etwas mit einer richtigen Wahl beeinflussen zu können idiotisch; aber es ist Teil des Spieles und zumindest für die beiden Elternteile ein Kriterium „nicht passende“ Namen auszuschließen und somit die Auswahl an „möglich passenden“ (ich gebe zu; kaum messbar ;) einzugrenzen.

    Ein anderer Aspekt – und als ich von „passenden“ Namen gesprochen hab, dachte ich wohl am ehesten an diesen – ist der Klang eines Namens.
    Der kann weich sein, der kann rund sein, eckig, dumpf, scharf, spitz, … und das kann zu seinem Träger passen oder eben nicht. So wie ein Soundtrack, der einer Szene eben genau dieses *fingerschnipp* verleiht, während ein anderer das Bild „halt nur nicht stört“. Ich kann das nicht begründen oder erklären, aber das ist die selbe Sache, wie wenn nur ein einzelner Ton einer Melodie diese zu einem Wunderwerk erheben, oder zu einer zufälligen Tonfolge degradieren kann.
    Was aber nichts daran ändert, dass es auch da illusorisch ist, „vorher“ etwas zu wissen.

    Zu guter Letzt wäre da noch ein „passend“ in Anlehnung an die Bedeutung. Desirée (gewünscht), Dorothea (geschenkt), Saul (gewollt), … das sind jetzt rasch zusammengesuchte Beispiele, aber ich glaube sie verdeutlichen wie ich das meine. Das wäre dann doch immerhin teilweise vorher bekannt.

    So kommt es, mehr oder weniger, zu dem Ansinnen, „schön wär’s würde der Name passen“ – betone diesmal aber deutlich: Wie bloß vorher wissen? Also wenn die Wahl auf einen „passenden“ Namen fällt, ist das wohl eher Zufall.

    P.S.: Das Thema hat Bier-Potential ;)

  10. maiandros

    Das wäre ja auch gleich eine Bezeichnung für eine neue Kategorie: Bier-Potential. Muss ich mir merken … :)

    Mit der unbewussten, unweigerlichen Verknüpfung hast du sicher recht – und die hat auch sicherlich damit zu tun, dass einem manche Namen einfach gefallen und manche eher nicht.
    Ich finde aber trotzdem, dass der Mensch stärker wirkt als der Name. Da kann sich der Eindruck des gleichen Namens vollkommen wandeln. Mir erscheint das dann wie ein Kippbild, wenn ich an (sehr) unterschiedliche Träger des gleichen Names denke. Auch daraus muss ich schließen, dass es nicht auf den Namen ankommt, sondern auf die Persönlichkeit, die ich damit assoziiere.
    Wir haben ja auch schon mal gequatsch wegen der für unsere geographisch südlicher lokalisierten Ohren so eigenartigen (Mädchen-)Namen im norddeutschen Raum. Ist man damit aber in der Praxis konfrontiert, passiert etwas sehr Schönes. Das Eigenartige des Namens verschwindet, er kriegt ein individuelles Gesicht und dieses Vorurteil löst sich auf in nichts.

    Bei der Namenssuche ist das Ausschlussverfahren mal ein guter Notlösungsanfang, denke ich. Das beginnt ja schon damit, dass man die Basics klar kriegt. Susi bspw. würde naturgemäß weder ich heißen wollen noch würde ich meinen Sohn so nennen …

    Als Wunsch formuliert („schön wär’s“) kann ich mit „passend“ schon mehr anfangen. Ich würd es aber trotzdem durch „gefällt mir halt“ ersetzen. Nichts anderes ist es ja. Auch gerade das, was du mit Klanglichem vergleichst.
    Dem eigenen Kind dereinst schlüssig aber argumentieren wollen, warum es so heißt, wie es heißt, käme mir komisch vor. Da kann sowohl Bedeutung als auch alles „Passende“ schnell in die falsche Richtung laufen. Da hätte ich das Gefühl, meine Eltern wollten mir etwas Bestimmtes aufs Aug drücken. Sie hätten schon eine Vorstellung von mir, ohne dass ich je gefragt würde. Da kann ich vergleichsweise noch besser mit der nichtssagenden Begründung: „Na, weil der Opa auch so heißt …“

    Ich finde übrigens das Thema auch wohl deshalb interessant, weil ich selber auch hie und da vor der Aufgabe stehe, Kindern einen Namen zu geben. Weniger physische Kinder als geistige halt. Das ist zwar weniger folgenschwer, vor allem beschweren sich diese Kinder normalerweise nicht eigenmächtig und ob’s passt oder nicht, entscheide ich allein. Das macht es aber auch nicht unbedingt einfacher …

    Vielleicht fühlte ich mich auch einfach von der Idee überfordert, ich solle begründen können, warum mir ein Name (den ich vllt sogar selbst vergebe) gefällt oder nicht.
    Alle Gründe und Bedeutungen scheinen mir da an den Haaren herbei gezogen, ebenso alle so vernünftig klingenden Kriterien.

    However. Ich wäre da an deiner (eurer) Stelle einfach zuversichtlich. Verlass dich aufs Gespür. Selbst wenn du wolltest, könntest du keinen „falschen“ Namen finden.

    p.s. Zur Ausschöpfung des Bier-Potentials: Immer gerne, aber ist grad schwer zur Zeit, bin ziemlich eingesetzt.

  11. Janocjapun

    Dass der Mensch hinter dem Namen stärker wiegt und sogar „schwer belasteten“ Namen wieder etwas Positives geben kann möchte ich ja gar nicht bestreiten.
    Dem Kind dann schlüssig seinen Namen zu argumentieren … so würde ich es gar nicht ausdrücken wollen. Vielleicht weil in meiner Vorstellung die Szene eher so abläuft: „weißt du, dein Name bedeutet ‚Schönheit‘, auf Sanskrit; das ist eine seeeehr alte Sprache …“. Kommt irgendwie besser als „najo, der bedeutet halt nix.“
    Wobei ich zugeben muss, dass man dazu nicht unbedingt einen „passenden“ Namen braucht. Das ist vielleicht eher ein Anspruch den ich für mich hege? Du kennst mich ja, und du weißt, dass ich gelegentlich auf Details Wert lege, die sonst keinem Verständlich scheinen … ;)

    Dass du die problematische Namenswahl bei erdachten Kindern ansprichst finde ich interessant; ich hatte nämlich durchaus überlegt ob sich da vielleicht Vergleichbares versteckt. Wobei ich mir aber gedacht hätte, dass es da eigentlich einfacher sein müsste. Schließlich weiß man – zumindest in Grob – wie sie sein und was sie tun werden.

    Das ist schon so eine von den Sachen, wo ich manchmal Parallelen zur Quantenmechanik und dem Herren Heisenberg ziehen möchte … „Wenn man zu genau hinschaust, sieht man nix mehr.“ ;)

    P.S.: Man bleibt halt wie gewohnt in Kontakt und nutzt die nächste Gelegenheit, nicht?

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