Leipziger Anzeiger, 1840
Flüchtige Spiegelbilder festhalten zu wollen, dies ist nicht bloß ein Ding der Unmöglichkeit, wie es sich nach gründlicher deutscher Untersuchung herausgestellt hat, sondern schon der Wunsch, dies zu wollen, ist eine Gotteslästerung. Der Mensch ist nach dem Ebenbild Gottes geschaffen, und Gottes Bild kann durch keine menschliche Maschine festgehalten werden. Höchstens der göttliche Künstler darf, begeistert von himmlischer Eingebung, es wagen, die gottmenschlichen Züge, im Augenblick höchster Weihe, auf den höheren Befehl seines Genius, ohne jede Maschinenhilfe wiederzugeben.
Eine Maschine aber, die den Genius ersetzen will und die der Mensch allein mit seiner Berechnung entstehen lassen möchte, solch eine Maschine herzustellen, kommt der Anmaßung gleich, das Ende aller Schöpfung erreichen zu wollen. Dann muss der Mensch, der solches beginnt, sich klüger als der Schöpfer der Welt dünken. (…) Und wenn jener Musje Daguerre in Paris (…) hundertmal behauptet, mit seiner Maschine menschliche Spiegelbilder auf Silberplatten festhalten zu können, so ist dieses hundertmal eine infame Lüge zu nennen, und es ist nicht wert, dass sich deutsche gediegne Meister der Optik von dieser frechen Behauptung betören lassen(Leipziger Anzeiger, zitiert nach Dauthendey 1912/1981:31;
vgl. Benjamin 1970:68f.).