Revolution … ?
Woran man mal wieder merkt, dass man älter geworden ist: Man hat für gewisse Aktionen nur noch ein … wie soll ich sagen … ‚recht begrenztes‘ Verständnis.
Die Revolution hat begonnen; da war es noch dunkel und die Vögel haben noch gar nicht gesungen. Zuerst haben mich Stimmen im benachbarten Schulhof aus meiner verdienten Tiefschlafphase in ein wenig erholsames Umherwälzen gerissen. Organisierende Zurufe, gemischt mit klappernden und knirschen Geräuschen von verschobenen Gegenständen.
Ich vermutete im Halbschlaf zuerst noch Heimkehrer einer Schullandwoche oder Weltenbummler, die für das in Englisch organisierte London-Wochenende einen frühen Flug nehmen mussten; wurde aber recht bald eines Besseren belehrt: Gegen (geschätzt) halb sieben begann – zuerst noch dezent – Musik, die von der einen oder anderen Trillerpfeife durchbrochen wurde. Langsam aber unaufhaltsam wuchs das Ganze zu organisierten Sprechchören an, die von besagten Trillerpfeifen gestützt die immer lautere Musik übertönen mussten. Irgendwoher tauchten dann auch plötzlich Signalhörner auf und als der Schulhof das akustische Flaire eines Fußballstadions verbreitete, war jeglicher weitere, krampfhafte Versuch doch noch ein wenig zu schlafen, vergebens.
„Wenn schon auf, dann doch wenigstens kucken gehen, was da los ist.“, dachte ich laut und versprach der Testesserin Nau bei der Gelegenheit gleich frische Semmeln fürs Frühstück mitzunehmen. Von unserem Balkon aus konnte man nämlich nur den hinteren Schulhofteil sehen und der war leer – recht unerwartet, bei dem Lärmpegel.
Beim angepeilten Supermarkt stand ich dann vor verschlossenen Türen. Angesichts der Tatsache, dass mir das sonst nur passiert weil ich zu spät komme, hatte der Moment etwas ziemlich Schräges.
Wenigstens konnte ich unterwegs einen Blick durch den Schuleingang in den vorderen Hofteil werfen – dachte ich. Der Eingang war mit Müllcontainern und Tischen verbarrikadiert und ein (Möchtegern-) Punk warf mir einen verächtlichen Blick zu, als ich etwas schlaftrunken hineinschielte. Der (notdürftig montierte) Jolly Roger machte das Ganze noch verdächtiger.
Zwischenzeitlich weiß ich, dass es sich um eine neunte Klasse handelt, die ihre schriftliche Matura hinter sich hatte.
Und dass nun endlich wieder Ruhe herrscht. Das ist gut so, denn wenn ich heute noch ein Mal „Nie mehr Schule“ hören muss, laufe ich entweder Amok, oder beginne zu weinen.